Die „erweiterte Wissenstreppe“
Bereits im Juni hatten wir eines unserer „Lieblingsmodelle“, die Wissenstreppe, vorgestellt. Für uns war sie immer ein anschauliches Modell, um Sinn und Zweck des Wissensmanagements darzustellen und zu vermitteln.
Nun haben wir auf den Wissensmanagement-Tagen in Stuttgart noch einen weiteren „Einsatzzweck“ kennen gelernt: Nämlich den der Begriffsklärung.
Dafür wurde das klassische Wissenstreppen-Modell ein wenig ergänzt. Autor ist Thomas Auer, Herausgeber des Standardwerks „ABC des Wissensmanagement“ und Inhaber der Schweizer Beratung Auer Consulting & Partner.
Seine Erweiterung greift drei ganz wichtige Begrifflichkeiten des Wissensmanagements auf, die in ihrer Abgrenzung und Definition immer wieder thematisiert werden und bei der klaren Beantwortung herausfordern: Die Differenzierung von „Informationsmanagement „und „Wissensmanagement“ (im Modell „Wissens-arbeit“ tituliert), die Unterscheidung von explizitem und impliziten Wissen und schließlich die Definition des so genannten „Intellektuellen Kapitals“.
Informationsmanagement versus Wissensmanagement
Gerade das erste Thema ist elementar, hat es doch eine historische, wie auch eine qualitative Bedeutungsebene im Wissensmanagement: Historisch, betrachtet man die Anfänge des Wissensmanagements vor einiges Jahren, in welcher der Fokus in den meisten Projekten ausschließlich auf den IT-Aspekt gelegt wurde und WM-Projekte in erster Linie zu reinen Informationsmanagement-Projekten „verkamen“.
Wissensmanagement = IT-Tool lautete damals die einfache Gleichung – sehr zum Leidwesen der Projektverantwortlichen, die mit ansehen mussten, wie ihrer mit großem (technischen und finanziellen) Aufwand implementierten Lösungen einen schnellen Tod erlebten oder gar nie wirklich zum Leben erweckt werden konnten. Aber auch zum Bedauern von allen, die sich in der heutigen Zeit mit Wissensmanagement beschäftigen – denn die Ressentiments, die heute dem Thema gegenüber nach wie vor gehegt werden, stammen genau aus den in dieser Zeit gemachten Erfahrungen.
Damit schlagen wir gleich die Brücke zum Qualitativen, denn Wissensmanage-ment-Projekte können nur dann erfolgreich sein, wenn der Faktor Mensch als Ausgangspunkt gesehen wird. Wissen – so entnehmen wir dem Modell – benötigt Bedeutungsgebung und wird nur dann zur Expertise, wenn Anwendung, Praxis(erfahrungen) und Handlungeneffizienz hinzukommen. Damit wird klar: Sie ist an den Menschen gebunden, nicht an Datenbanken oder Dokumentenverwaltungs-systeme.
Um Wissen über das reine Management von Daten und Information hinaus gezielt zu fördern, zu nutzen und zu der für Unternehmen so (überlebens-)notwendigen Expertise zu führen, braucht es mehr als reines Informationsmanagement, nämlich die von Auer sogenannte „Wissensarbeit“ oder „Wissensevolution“.
Beides zusammen – Informationsmanagement und Wissensarbeit – umfasst das Wissensmanagement, womit wir die Frage nach einem „entweder oder“ mit einem klaren “sowohl als auch“ beantworten können. Ersteres ist ein kleiner Bestandteil des umfangreichen Themas – absolut notwendig und in vielen Bereichen unabdingbare Basis für Wissensarbeit. Doch es muss klar sein, was es leisten kann und wo seine Grenzen sind. Nämlich dort, wo es über die reine Abspeicherung, Strukturierung und Bereitstellung von Informationen hinausgeht.
Explizites versus implizites Wissen
Betrachten wir den zweiten Aspekt, der im Modell abgebildet ist: die Unter-scheidung von explizitem und implizitem Wissen. Bei der Definition greifen wir gerne wieder auf Auer zurück (vgl. dazu Auer, Thomas: „ABC der Wissens-gesellschaft“, Doculine Verlag), der explizites Wissen wie folgt beschreibt: „Explizites Wissen ist kodifiziertes Wissen, das in formalisierter, systematisierter Sprache übermittelt werden kann. Es ist offen zugänglich und artikulierbar. […] Explizites Wissen kann identifiziert, bewahrt und transferiert werden.“
Dem gegenüber steht das implizite Wissen, auch oft als Erfahrungswissen bezeichnet: „Implizites Wissen wird solches Wissen genannt, das nicht bewusst angeeignet wird. Oft zeigt sich das implizite Wissen nur in habitualisierten (gewohnheitsmäßigen) Vorgehensweisen, die intuitiv und kontextsensitiv angewandt werden.“ (Auer, Thomas: „ABC der Wissensgesellschaft“, Doculine Verlag). Im Gegensatz zum expliziten Wissen ist es dem Wissensträger oft selbst nicht bewusst, das er es besitzt. In jedem Fall ist es an den Menschen gebunden und kann nicht auf Knopfdruck abgerufen werden. Dementsprechend schwierig ist sein Transfer, der nur mittels Interaktion und persönlicher Kommunikation gelingen kann.
Intellektuelles Kapital
Zuletzt noch das „Intellektuelles Kapital“. Als Gegengewicht zu ökonomischen Größen rückt es zunehmend in das Interesse, wenn es um die Bewertung von Unternehmen geht. Dahinter verbirgt sich die Erkenntnis, dass Unternehmen ihren Wert heutzutage nicht mehr (nur) aus materiellen Vermögenswerten schöpfen, sondern vor allem aus nicht-materiellen „Assets“, wie eben dem Mitarbeiter-/Organisations-KnowHow, Kundenbeziehungen oder firmeninternen Methoden und Prozessen.
Trends gehen dahin, mittels so genannten „Wissensbilanzen“ dieses intellek-tuelle Kapital messbar zu machen. Beide Themen sind jedoch so umfangreich, dass wir ihnen noch einmal mehr Raum in einem eigenen Blogeintrag gewähren wollen.
Um diesen Eintrag abzuschließen, bedienen wir uns noch einmal eines Zitats von Thomas Auer: „Um Wissensbestände zu nutzen und um grundsätzlich Neues zu schaffen, braucht es den Menschen. Nur er ist in der Lage, bestehendes Wissen zu kontextualisieren, zu schlussfolgern, zu begreifen und mit seiner Handlungseffizienz jene Innovationen zu schaffen, die in einzigartigen Marktleistungen resultieren.“
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