Was ist ein Wissenstransfer und wie funktioniert‘s?

Im Wissensmanagement wird oft von Wissenstransfer gesprochen. Dazu gibt es in der Literatur die verschiedensten Definitionen. Uns gefällt die von M. Thiel, der den Wissenstransfer wie folgt beschreibt: „Unter Wissenstransfer ist die zielgerichtete Übertragung von Wissen von einem Transferpartner (Sender) zu einem anderen Transferpartner (Empfänger) zu verstehen, wobei die Transferpartner Individuen oder Kollektive sein können und die Rollen Sender und Empfänger in einer Transfersituation wechseln können.“

Bei unseren Projekten hat sich gezeigt, wie wesentlich die Wechselwirkungen zwischen dem Sender und Empfänger sind. Dabei ist es besonders wichtig, den beiden Beteiligten klar zu machen, dass beide gleichermaßen für den Erfolg des Wissenstransfers verantwortlich sind.

WIE aber gestaltet man einen Wissenstransfer? Mit der Identifikation des oder der Sender & Empfänger und der Definition eines Prozesses ist es aus unserer Erfahrung nicht getan. Denn damit weiß der Sender immer noch nicht, WIE er sein Wissen am besten und vor allem erfolgreich vermitteln kann.

Ein wesentlicher Teil des Transfers steckt in der Vorbereitung und Planung. Im ersten Schritt wird eine Bestandsaufnahme des Wissens gemacht, d.h. der Sender nimmt sich Zeit um zu reflektieren und sein Wissen zu identifizieren, zu strukturieren und vor allem zu priorisieren.
Ist das gemacht, folgt die Überlegung, wie welche Wissensbausteine transferiert werden können. Also wie muss das Wissen aufbereitet werden, damit es der Empfänger verstehen kann? Dies kann auf unterschiedlichste Weise erfolgen. In der Regel wählt der Wissensgeber hierfür die übliche Methode der schriftlichen Dokumentation in Form von Word-Dateien, PowerPoint Folien, Schaubilder etc.. Was aber passiert mit dem oft vernachlässigten Erfahrungswissen, das nur schwer dokumentierbar ist. Hierfür gibt es verschiede andere Methoden, wie z.B. Storytelling, After Action Review, Fieberkurve, 5-Why-Methode, etc. die dabei helfen, das Erfahrungswissen zu transferieren.
Ist das Wissen für den Transfer identifiziert, der Teil der dokumentierbar ist dokumentiert und methodisch aufbereitet, kann die Planung der einzelnen Sessions erfolgen. Dazu sollte sich der Sender Gedanken machen, welche Wissensbausteine er wann und wie vermitteln will und wie viel Zeit dafür jeweils benötigt wird. Im idealen Fall setzen sich beide Parteien an einen Tisch und planen gemeinsam jede einzelne Session. Dabei können dann auch organisatorische Fragen geklärt werden, z.B. ob beide eine Auszeit vom Tagesgeschäft nehmen (können und dürfen), um den gesamten Tag für den Transfer zur Verfügung zu haben oder ob der Transfer doch lieber in kleinen Dosen neben dem Tagegeschäft erfolgen soll.

Erst nach der Vorbereitung und Planung erfolgt der eigentliche Transfer, bei dem sich beide Seiten, also der Sender und der/die Empfänger, zusammen setzen, um Wissen zu teilen. Entgegen der häufigen Meinung geht es hier nicht darum, einfach sein Wissen in Form von Dokumentationen „über den Zaun zu schmeißen“, in der Hoffnung, dass es vom Empfänger schon irgendwie aufgefangen wird. Vielmehr geht es darum, sich als Sender auf den Empfänger einzulassen. Das heißt, sich im Klaren zu sein, dass der Empfänger vielleicht nicht gleich versteht worum es geht oder einfach Schwierigkeiten hat, den Kontext zu erkennen, z.B. weil ihm die Erfahrung oder das Vorwissen fehlen. Der Wissensgeber sollte versuchen herauszufinden, welche Lernpräferenzen sein Gegenüber hat, also ob es sich um einen visuellen, auditiven oder kinästhetischen Lerntyp handelt. Mit diesem Wissen kann der Wissensgeber den Erfolg des Wissenstransfers erheblich erhöhen.
Zu erkennen, wie wichtig die Empfänger-Seite ist, auf dessen Bedürfnisse einzugehen, geduldig zu sein und z.B. Teile auch mehrmals zu wiederholen, stellt beide Parteien oftmals vor eine echte Herausforderung. Aber erst dann, wenn der Empfänger (so gut wie) alles verstanden hat, ist der Wissenstransfer auch erfolgreich verlaufen. Voraussetzung dafür ist allerdings die Bereitschaft des Gebers, sein Wissen auch wirklich teilen zu wollen, denn erfolgreicher Wissenstransfer beruht immer auf Freiwilligkeit und Initiative / Engagement….

Oftmals erlebe ich in solchen Situationen eine schnelle Überforderung des Empfängers, da der Sender viel zu viel Wissen auf einmal vermitteln möchte. Hier gilt die Devise „weniger ist mehr“, was z.B. so aussehen kann, dass man den Transfer in kleine Einheiten aufteilt. So kann der Empfänger neues Wissen Stück für Stück aufnehmen und verankern bevor die nächste „Wissensdosis“ kommt.

Zusammengefasst sind folgende Punkte wichtig:

  • Wissen ist immer an Menschen gebunden
  • Die Vorbereitung des Senders ist genauso wichtig wie der Wissenstransfer an sich
  • Dokumentationen in schriftlicher Form sind hilfreich, aber zur Wissensvermittlung nur bedingt geeignet
  • Wissenstransfer braucht Zeit und ist nicht mal ebenso zu machen
  • Sender und Empfänger brauchen eine Vertrauensbasis und begegnen sich auf gleicher Augenhöhe
  • Beide Partien brauchen die Bereitschaft Neues lernen zu wollen
  • Beiden ist bewusst, dass jeder Mensch anders lernt
  • Der Wissensgeber ist bereit, sein Wissen zu teilen
  • Der Wissensgeber verfügt über eine gewisse Wissenstransferkompetenz (nicht jeder kann Wissen gleich gut vermitteln)
3 Kommentare
  1. Eva Lutz
    Eva Lutz sagte:

    Ein wunderbarer Artikel über die Sender – Empfänger – Thematik, herzlichen Dank dafür!

    Nachdenken werde ich über den „Anbau von Begriffen“ beim Empfänger, in dem Fall bei mir. Z.B. baue ich „Bereitschaft“ als „sensible Phase“ (Montessori-Pädagogik, Ausbildung von KindertagespflegerInnen) bzw. als „Relevanz“ (Personalmanagement, Social Media) an. Das heißt – ich „übersetze“ die Begriffe in meine Welt, um sie dort verstehen und anbauen zu können.

    Tja – dann bis zum nächsten direkten / synchronen Dialog, um zu sehen, ob ich Euch richtig „verstanden“ habe ;).

    Viele Grüße,
    Eva Lutz

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