Wissen retten, bevor es das Unternehmen verlässt
Eines meiner letzten Projekte, die ich letztes Jahr begleiten durfte, stand rückblickend unter dem Motto: Retten, was zu retten ist.
Es ging um einen Wissenstransfer, den ich begleiten sollte. Ein langjähriger IT-Mitarbeiter hatte gekündigt und würde das Unternehmen verlassen und ich wurde angefragt, um den Wissenstransfer zu begleiten. Doch in kürzester Zeit hatten sich die Rahmenbedingungen so geändert, dass wir nur noch das allerwichtigste Wissen an die Wissensempfänger übergeben konnten.
Was war passiert?
Bei meinem Auftragserklärungsgespräch war der Zeitraum bis zum Ausscheiden des Wissensgebers auf ein halbes Jahr festgelegt worden, aber eine Woche später hatten wir plötzlich nur noch 2 Wochen für das Experten-Interview und den anschließenden Wissenstransfer.
Solche Situationen kennen ich und normalerweise lehne ich 2-wöchige Wissenstransfers ab, aber in diesem Fall hatten wir bereits angefangen, das Wissen des Know-how-Trägers zu identifizieren und in einer Wissenslandkarte festgehalten. Wir steckten also bereits mitten im Prozess.
Was also tun? Abbrechen oder weitermachen?
Wir haben uns fürs Weitermachen entschieden und ich habe in den verbleibenden 2 Wochen den Wissenstransfer moderiert. Dabei haben wir uns auf das Wissen konzentriert, das für die Wissensempfänger am wichtigsten war und alles andere hinten angestellt.
Um im Verlauf des Wissenstransfers nicht den Fokus zu verlieren und nur die wirklich wichtigen Themen und Wissensgebiete zu übergeben, hat der Wissensgeber zu Beginn jeder Wissenstransfereinheit folgende Frage gestellt:
„Stellt euch vor, morgen ist mein letzter Tag. Was genau brauchst du, noch von mir, damit du selbstständig arbeiten kannst?“
Auf der einen Seite hat die Frage bei den Wissensempfängern etwas Druck aufgebaut, weil sie unsicher waren, welches das für sie wichtige und relevante Wissen ist, auf der anderen Seite hat es sie fokussiert.
Sicher konnten die Wissensempfänger nicht von dem gesamten Wissensschatz des Wissensträgers profitieren, weil der Zeitraum zu kurz war. Aber zum Schluss waren die Wissensempfänger sehr dankbar für die Möglichkeit alle Fragen stellen zu können und in die wichtigsten Wissensgebiete tiefer einzutauchen.
Manchmal sind die Rahmenbedingungen nicht ideal, trotzdem bin ich froh darüber diesen Wissenstransfer begleitet zu haben, denn so konnten wir zumindest einen Teil des Wissens sichern.